Ein alltäglicher Fall: Herr A kauft in den 1960er Jahren ein Grundstück und hofft, dass…
Die Familiengesellschaft – auch eine Alternative zur Erbengemeinschaft
Zuletzt ging es um Erbengemeinschaften mit Grundbesitz. Die Empfehlung war, die Erbengemeinschaft als eine auf Auseinandersetzung angelegte „Zwangs-“ oder auch „Zufalls-“Gemeinschaft zu sehen, die sich nicht für dauerhafte Zusammenarbeit eignet. Es fehlen vertragliche Grundlagen, sachgerechte Nachfolgeregelungen, bei Veränderungen im Mitgliederbestand droht Handlungsunfähigkeit und schon die grundbuchmäßige Dokumentation ihrer Zusammensetzung kann enorm komplex werden.
Wenn die Mitglieder einer Erbengemeinschaft aber gut und dauerhaft zusammenarbeiten können und wollen, stellt sich die Frage nach den Alternativen. Familiengesellschaften können hier viele Vorteile bieten.
Entgegen landläufiger Meinung sind solche Gestaltungen keineswegs nur Superreichen vorbehalten. Je nach familiärer Konstellation können sie auch bei durchschnittlichen Immobilienvermögen sinnvoll sein. Der steuerliche Aspekt der sukzessiven Nutzung von Freibeträgen, der bei den großen Vermögen oft dominiert, ist nämlich nur einer von vielen.
Tatsächlich haben Gesellschaften zur Bündelung von Familienvermögen auch außersteuerlich viele Vorteile. Das beginnt damit, dass die Gesellschafter – in unserem Fall also die Mitglieder der Erbengemeinschaft – sich eigene Regelungen dazu überlegen können, wer im Falle eines weiteren Todesfalls nachfolgen darf, welche Rechte er dann hat, inwieweit er Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen kann und welche Dokumente nötig sind, um die Nachfolge zu dokumentieren und an den Entscheidungsprozessen teilzunehmen. Es kann geregelt werden, dass die Stimmrechte des verstorbenen Gesellschafters ruhen, bis seine Nachfolge geklärt ist, also z.B. der Erbschein vorliegt oder dass mehrere Nachfolger nicht jeder für sich abstimmen können, sondern nur einheitlich. Unklarheit über die Nachfolge führt dann anders als bei der Erbengemeinschaft nicht zu deren Blockade, die Geschäftsführung bleibt vielmehr uneingeschränkt handlungsfähig.
Aber damit nicht genug: Gesellschaftsvermögen ist viel besser vor Gläubigern einzelner Familienmitglieder geschützt. Gesellschaftsrechtliche Regelungen können helfen, ungewollte Vermögensverschiebungen zwischen den Familienstämmen zu vermeiden, Gleichbehandlung zu sichern und so den Familienfrieden zu wahren. Auch das Risiko von Zugewinnausgleichs- oder Pflichtteilsansprüchen lässt sich reduzieren, ebenfalls lässt sich – anders als mit rein erbrechtlichen Mitteln – sicherstellen, dass das Vermögen nicht in die Hände familienfremder Personen gelangt.
Die Einrichtung einer Familiengesellschaft erfordert saubere rechtliche und steuerliche Begleitung. Es ist aber nicht so, dass sich der Aufwand nur lohnen würde, wenn es um Millionenvermögen geht. Auch wenn nur eine einzelne Immobilie gehalten wird, kann es sinnvoll sein, sich damit einmal zu befassen. Gleiches gilt bei Familien, die mit dem Vermögensaufbau erst beginnen, jedoch damit rechnen, dass später größere Summen zur Verteilung stehen könnten.
Da speziell die Rechtsform der GbR durch eine gesetzliche Neuregelung seit 2024 ganz neue Aspekte und Einsatzmöglichkeiten erhalten hat, dürfte die Relevanz und Attraktivität solcher Gestaltungen in Zukunft weiter zunehmen.
Autor: Sebastian Seidler