Was passiert mit dem Instagram-, Facebook- oder TikTok-Konto, wenn jemand stirbt? Lange Zeit war unklar,…
Von Erbengemeinschaften und blockierten Grundbüchern
Ein alltäglicher Fall: Herr A kauft in den 1960er Jahren ein Grundstück und hofft, dass es Bauland wird. Als A verstirbt, wird er Kraft Testaments von seiner Ehefrau beerbt. Als auch sie stirbt, erben die gemeinsamen 5 Kinder. Weil das Grundstück weiterhin nur Wiese ist, sieht man von einer Eintragung der Erbfolge im Grundbuch ab. So bleibt es, bis Jahre später ein Bebauungsplan aufgestellt, die Fläche Bauland wird und ein Interessent einen guten Preis bietet. Inzwischen sind aber 3 der 5 Erben verstorben, einmal mit, zweimal ohne Testament. Im einen Fall erben Kinder und Ehefrau, wohnhaft in der Schweiz, im anderen Fall Tochter und Sohn und im dritten Fall mangels Nachkommen und Ehepartner die überlebenden Geschwister bzw. Nichten und Neffen.
Nun überschneiden sich 4 Erbengemeinschaften. Deren Mitglieder müssen nicht nur handlungsfähig zusammenfinden, um zu verkaufen, sie müssen fürs Grundbuch auch die Erbfolge nachweisen. Wo die nötigen Geburts- und Sterbeurkunden aller Personen (auch aller Verstorbenen) aufzufinden sind, ist unklar, eine Neuausstellung ist kompliziert und dauert. Folge: Allein für die 4 Erbscheine gehen Monate ins Land. Und weil eine längst bezahlte Grundschuld noch im Grundbuch steht, muss man auch diese Dokumente noch finden und in grundbuchtauglicher Form vorlegen. Vorher passiert in Sachen Grundstück wenig bis nichts. Wenn bis dahin die Zinsen rauf gehen und die Wirtschaft runter, ist der alte Kaufpreis nicht mehr zu halten.
Was also tun? Wichtig ist zunächst, Grundbuchberichtigungen nicht aufzuschieben. Wenn sich etwas ändert, sollte man das im Grundbuch dokumentieren. Je schneller, desto weniger Aufwand. Wenn noch Belastungen eingetragen sind, vor allem solche mit Brief, sollte man ernsthaft überlegen, diese zu löschen. In den allerwenigsten Fällen werden Banken heute noch eine Grundschuld aus den 1960er Jahren ohne textliche Änderungen als Sicherheit akzeptieren.
Vor allem aber sollten sich Erben bewusst sein, dass Erbengemeinschaften nicht auf langfristige gemeinsame Verwaltung des Nachlasses angelegt sind, sondern auf dessen Liquidation und Verteilung. Wenn das nicht gewünscht wird, ist die Erbengemeinschaft die denkbar schlechteste Rechtsform zur Verwaltung von Vermögen. Sie existiert kraft Gesetzes, ohne vertragliche Regelungen, ohne Wahlrecht der Beteiligten und kann jederzeit weiter verschachtelt werden, wenn eines der Mitglieder stirbt. Wenn man dann noch Auslandsberührung hat oder aufwendig ermitteln muss, wer überhaupt Erbe sein könnte, kann man die sachgerechte Verwaltung des Vermögens bis auf Weiteres einstellen – man wird über Monate und Jahre nicht mehr handlungsfähig sein.
Wichtig ist daher, zeitnah klare und rechtlich abgesicherte Verhältnisse zu schaffen. Dies kann ganz einfach und in der Regel grunderwerbsteuerfrei schon dadurch geschehen, dass man das geerbte Vermögen auf eine gemeinsame Gesellschaft überträgt. Dann hat man eine vertragliche Basis und kann genau bestimmen, was passieren soll, wenn einem der Gesellschafter etwas passiert. Und vor allem kann man die Handlungsfähigkeit sichern, um auch bei Schwebezuständen oder sonstigen Unklarheiten nicht die gesamte Familie und die Vermögensverwertung zu blockieren.
Autor: Sebastian Seidler