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Selbstbehalt und Kindergeld beim Kindesunterhalt – was Sie wissen sollten
Eltern sind ihren Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet. Wie hoch die Zahlungsverpflichtung eines Elternteils ist, hängt maßgeblich vom Bedarf der Kinder und dieser wiederum vom Lebensstandard der Eltern ab: ein Kind mit vermögenderen Eltern hat regelmäßig mehr oder kostspieligere Hobbies, Spielzeug oder Kleidung. Die Höhe des Bedarfs lässt sich der Düsseldorfer Tabelle entnehmen. Diese ist zwar kein Gesetz, findet aber weitläufig Anerkennung und wird auch von Gerichten flächendeckend bei der Bedarfsermittlung angewendet.
In der Düsseldorfer Tabelle ist unter anderem der sogenannte Mindestbedarf ersichtlich, also der Geldbetrag, den das Kind mindestens zum Leben benötigt. Doch was, wenn das Geld beim Unterhaltspflichtigen nicht reicht, um diesen Mindestsatz zu bezahlen? Wie viel Geld steht einem Unterhaltspflichtigen dann noch selbst zum Leben zu, und wirken sich das Kindergeld und etwa der Kinderbonus aus Corona-Zeiten auf die Unterhaltsberechnung aus? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigte sich der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 20.11.2024 – XII ZB 78/24.
Dem Unterhaltspflichtigen muss zum eigenen Lebensunterhalt ein gewisser Geldbetrag als Selbstbehalt verbleiben, bevor er Kindesunterhalt zahlen kann und muss. Der Selbstbehalt soll das Existenzminimum des Unterhaltspflichtigen sichern und ist ebenfalls in der Düsseldorfer Tabelle ersichtlich. Für erwerbstätige Unterhaltspflichtige beträgt er in 2025 monatlich 1.450 Euro, wovon 520 Euro für Wohnkosten vorgesehen sind. Im Jahr 2023 waren es noch 1.370 Euro.
Ein zentraler Punkt im Beschluss war die Frage, ob dieser Selbstbehalt zu reduzieren ist, wenn der Unterhaltspflichtige in einer Wohngemeinschaft lebt und dadurch Wohnkosten spart. Die Antwort lautet: Nein. Das Gericht entschied, dass es der freien Lebensgestaltung des Unterhaltspflichtigen obliegt, wie er seinen Selbstbehalt verwendet. Nur weil er günstig wohnt, muss er nicht mehr Unterhalt zahlen. Eine Kürzung des Selbstbehalts kommt nach dem Beschluss des BGH vor allem dann infrage, wenn der Unterhaltspflichtige mit einem neuen Partner*in zusammenlebt und dadurch spürbare Ersparnisse hat. In einer Wohngemeinschaft führt das Teilen der Wohnung zu spürbaren Einschränkungen, während bei einem Zusammenleben in einer Partnerschaft ohne Einbußen Geld gespart werden kann.
Auch mit dem Einfluss von Kindergeld bzw. einem zusätzlich dazu ausgezahlten Kinderbonus auf die Unterhaltspflicht hatte sich der BGH zu befassen. Das Kindergeld soll beide Elternteile entlasten, indem der Bedarf des Kindes durch das Kindergeld bereits teilweise gedeckt wird. Der Unterhaltspflichtige darf das Kindergeld deshalb zur Hälfte auf seine Zahlungsverpflichtung anrechnen. Der BGH entschied, dass der Kinderbonus wie Kindergeld zu behandeln ist und entsprechend zur Hälfte auf den Unterhalt angerechnet wird.
Der Beschluss schafft Klarheit und schützt die Lebensgestaltung des Unterhaltspflichtigen. Wer sich in einer ähnlichen Situation befindet, sollte jedoch immer den Rat einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwalts mit Erfahrung im Familienrecht einholen, um sich eine Einschätzung der eigenen Situation geben zu lassen: im rechtlichen Bereich kommt es immer auf die Umstände des Einzelfalles an.
Autorin: Denise Schillinger