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Ein Geschenk für das uneheliche/ ungeliebte Kind

Stellen Sie sich den folgenden Fall vor:

Ein Mann hatte in jungen Jahren eine Beziehung zu einer Frau, aus der ein Kind entstanden ist. Aus Gründen, die in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung sind und die auch nicht bewertet werden sollen, hatte der Mann nie Kontakt zu dem Kind. Das Kind ist ihm Zeit seines Lebens unbekannt geblieben. Es gab von keiner Seite, auch nicht von der Mutter des Kindes oder dem Kind selbst, den Versuch, sich gegenseitig kennenzulernen. Das Einzige, was geschah, war der Unterhalt, den die Mutter für das Kind forderte und den der Mann zahlte bis das Kind keinen Unterhaltsanspruch mehr hatte.

Einige Jahre nachdem das Kind geboren war, ging der Mann erneut eine Beziehung ein. Diesmal glückte es ihm. Der Mann heiratete die Frau und die beiden haben zusammen ein Kind. Der Mann hat auch beruflichen Erfolg. Er kauft ein Haus, in dem er mit seiner Familie wohnt und dessen Raten von seinem Lohn bezahlt werden, so dass es heute lastenfrei ist.
Vor einigen Jahren las der Mann im Internet etwas über Pflichtteilsrechte von Abkömmlingen, wozu auch uneheliche Kinder gehören, und dass sich die Höhe des Pflichtteils nach dem Vermögen richtet, das der Erblasser bei seinem Tod hinterlässt.
Er las auch darüber, dass bei der Berechnung des Pflichtteils sogar Schenkungen des Verstorbenen berücksichtigt werden, aber nur Schenkungen der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall. Der Mann entschied sich daraufhin dazu, das Eigentum an seinem Haus auf seine Frau zu übertragen, um sie vor Forderungen seines unehelichen Kindes zu schützen und lies von einem Notar einen Übergabevertrag errichten.

Begleitend dazu errichtete er ein handschriftliches Testament, in dem er seine Frau zu seiner Alleinerbin einsetzt.
Seit der Übertragung sind nun wiederum einige Jahre ins Land gegangen. Der Mann ist längst in Rente und schon alt. Er wohnt mit seiner Frau immer noch in dem Haus. Das gemeinsame Kind ist längst erwachsen und hat eigene Kinder und ein Haus gebaut, das noch abgezahlt werden muss. Im Rahmen einer Vorsorgeberatung bei einem Rechtsanwalt, bei der es eigentlich nur um die Errichtung gegenseitiger Vorsorgevollmachten geht, kommt die Sprache auf das Haus und auf welche Weise das Haus zu seiner Frau kam und warum. Die Eheleute sind entsetzt, von dem Anwalt zu hören, dass die Schenkung, obwohl sie nun fast zwanzig Jahre zurückliegt, immer noch bei der Pflichtteilsberechnung seines unehelichen Kindes berücksichtigt wird, weil für diese Art von Schenkung die 10-Jahres-Frist nicht gilt.

Das Entsetzen der Eheleute wird nicht geringer, als der Anwalt ihnen weiter erklärt, dass beim Erbfall der Wert der Schenkung zwar unter Berücksichtigung des Wertes des Hauses bei der Übergabe ermittelt wird, aber bei vollem Ausgleich des seitdem eingetretenen Kaufkraftschwundes. Nachdem die Werte ermittelt sind, wird klar, dass die Ehefrau die beim Tod ihres Mannes zu erwartende Pflichtteilsforderung nur erfüllen können wird, wenn sie das Haus verkauft.

Und die Moral von der Geschicht?
Traue dem Internet nicht!

Jedenfalls nicht bei solchen wichtigen und rechtlich komplizierten Fragen. Es hätte damals durchaus rechtlich zulässige Mittel und Wege gegeben, um den Pflichtteilsanspruch des unehelichen Kindes bezogen auf das Haus erheblich zu reduzieren oder sogar ganz auszuschließen.
Jetzt bestehen kaum noch Möglichkeiten.

Autor: Dr. Klaus Krebs

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