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Eidesstattliche Versicherung eines Nachlassverzeichnisses
Bestimmten Personen wie zum Beispiel Abkömmlingen (Kindern) des Erblassers stehen Pflichtteilsansprüche zu, wenn sie von der Erbfolge ausgeschlossen (enterbt) werden.
Der Pflichtteilsanspruch ist ein reiner Zahlungsanspruch gegen den Erben, d.h. dem Pflichtteilsberechtigten stehen keine Gegenstände aus dem Nachlass zu. Die Höhe des Anspruchs richtet sich nach dem Wert des Nachlasses und der Pflichtteilsquote des Berechtigten.
Damit der Pflichtteil berechnet werden kann, ist dem Zahlungsanspruch ein Auskunftsanspruch vorgeschaltet. Der Pflichtteilsberechtigte kann von dem Erben die Vorlegung eines Nachlassverzeichnisses verlangen, in dem u.a. die Nachlassgegenstände und deren Wert aufgelistet werden.
Das Nachlassverzeichnis wird üblicherweise privatschriftlich erstellt, der Pflichtteilsberechtigte kann aber (ohne Angabe von Gründen) auch verlangen, dass das Verzeichnis in notariell beurkundeter Form aufgenommen wird, also von einem Notar errichtet wird.
Manchmal besteht die Sorge, dass der Erbe das Nachlassverzeichnis nicht mit der gebotenen Sorgfalt erstellt hat, sprich dass das Verzeichnis entweder unvollständig und/oder nicht richtig ist.
Diese Sorge wird von der Rechtsprechung übrigens bereits dann angenommen, wenn die anfängliche erste Auskunft unvollständig oder unrichtig ist und von dem Erben in einem zweiten Verzeichnis berichtigt wird. Die Voraussetzung der Unrichtigkeit oder/und der Unvollständigkeit hat der Pflichtteilsberechtigte darzulegen. Wenn dies so ist, muss der Erbe die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Angaben vor dem zuständigen Amtsgericht an Eides statt versichern.
Nun stellt sich die Frage, wie es sich mit dieser eidesstattlichen Versicherung verhält, wenn ein Notar das Nachlassverzeichnis beurkundet hat. Muss der Erbe dessen Richtigkeit dann auch an Eides statt versichern?
Bisher gab es dazu in der rechtswissenschaftlichen Literatur drei verschiedene Meinungen.
Nach der ersten Meinung kann ein notariell beurkundetes Nachlassverzeichnis nicht Gegenstand einer eidesstattlichen Versicherung des Erben sein, weil es in der Regel keine eigenen Erklärungen des Erben, die zu versichern wären, enthält. Nach einer anderen, bisher herrschenden Meinung kann ein notariell beurkundetes Nachlassverzeichnis als Ganzes nicht von dem Erben an Eides statt versichert werden, wohl aber die Teile des Verzeichnisses, die der Notar als Angaben des Erben bezeichnet hat.
Nun hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 01.12.2021 Klarheit geschaffen und einer dritten Meinung Recht gegeben.
Nach dieser dritten Meinung hat der Erbe, wenn die Besorgnis der Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit besteht, sämtliche Angaben in dem notariell beurkundeten, also von dem Notar aufgenommenen Nachlassverzeichnis an Eides statt zu versichern.
Wenn der Erbe nicht mit Teilen des notariellen Verzeichnisses einverstanden ist, muss er die eidesstattliche Versicherung trotzdem abgeben, kann aber in seiner Versicherung die nach seiner Meinung erforderlichen Ergänzungen und/oder Berichtigungen des notariellen Verzeichnisses aufnehmen und somit klarstellen, dass er diese Angaben des Notars nicht versichert.
Author: Dr. Klaus Krebs