Der Unterhalt unter Ehegatten ist ein häufiger Streitpunkt in familienrechtlichen Auseinandersetzungen. Schließlich geht es um…
Ein Testament in einem Brief?
Eine unverheiratete und kinderlose alte Dame schrieb an ein ihr bekanntes Ehepaar, mit dem sie befreundet war, folgenden Brief:
„Ich möchte mich für die liebevolle Aufnahme am 1. Weihnachtstag recht herzlich bedanken. (…) Im neuen Jahr gehe ich mit Toni zum Notar; Ihr allein sollt meine Erben sein. Meine Patin kümmert sich überhaupt nicht um mich, da ist jede Verbindung abgebrochen. (…)
Der Notartermin wurde zwar vereinbart, aber zu dem Termin kam es nicht mehr. Die Dame stürzte, wurde in ein Krankenhaus eingewiesen und verstarb.
Das Ehepaar beantragte beim Amtsgericht St. Wendel einen Erbschein, der beide je hälftig zu Miterben der alten Dame ausweisen sollte. Dabei stützten sie sich auf den Brief als Testament. Dem traten die gesetzlichen Erben (Verwandte) der alten Dame entgegen, die den Brief nicht für ein Testament als ausreichend ansahen. Das Amtsgericht gab dem Ehepaar recht und bewilligte die Ausstellung eines entsprechenden Erbscheins.
Hiergegen legten die Verwandten das zulässige Rechtsmittel ein und wendeten sich an das Oberlandesgericht Saarbrücken als letzte Instanz in dieser Sache. Dort wendete sich das Blatt. Das Oberlandesgericht untersagte die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins für das Ehepaar, hob den Beschluss des Amtsgerichts auf und gab den Verwandten der alten Dame als deren gesetzliche Erben recht.
Dabei stellte das Oberlandesgericht zunächst fest, dass ein Testament durchaus in einem eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Brief enthalten sein kann. Voraussetzung ist, dass in dem Brief ein Testierwille festgestellt werden kann. Es muss außer Zweifel stehen, dass der Erblasser den Brief als rechtsverbindliche letztwillige Verfügung angesehen hat oder zumindest das Bewusstsein hatte, der Brief könne als Testament angesehen werden. An den Nachweis des Testierwillens in einem Brief sind aber strenge Anforderungen zu stellen. Die Vorschrift des § 2084 BGB, wonach bei einer Auslegung von Testamenten im Zweifel diejenige vorzuziehen ist, die zur Wirksamkeit des Testaments führt, ist dabei nicht anzuwenden.
In dem Fall der alten Dame konnte das Oberlandesgericht Saarbrücken diesen Testierwillen nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen. Dabei stützte sich das Gericht insbesondere darauf, dass der Wortlaut des Briefes eher auf die Ankündigung der Errichtung eines Testaments schließen lässt („Im neuen Jahr gehe ich mit Toni zum Notar; Ihr allein sollt meine Erben sein.“) als auf ein Testament, also die Erbeinsetzung in dem Brief selbst. Außerdem, so das Oberlandesgericht weiter, spreche auch die bereits erfolgte Vereinbarung des Notartermins durch die alte Dame gegen deren Testierwillen in ihrem Brief. Denn warum sollte die alte Dame noch einen Notartermin mit dem ausdrücklichen Inhalt der Errichtung eines (einfachen) Testaments vereinbaren, wenn sie der Meinung gewesen sein sollte, schon in ihrem Brief ein Testament errichtet zu haben. Das Gericht wertete den Brief daher nicht als Testament, sondern als die Erklärung einer Absicht, ein Testament mit einem bestimmten Inhalt zu errichten, was für ein Testament nicht ausreichend ist.
Das ist auch richtig so und für den gesunden Menschenverstand nicht sonderlich überraschend. Bemerkenswert ist vielmehr die Tatsache, dass es Brieftestamente gibt und dass daher in so manchem Brief eher mit Vorsicht formuliert werden sollte.
Autor: Dr. Klaus Krebs