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Urlaubsansprüche nicht unbeschränkt vererbbar

Arbeitgeber darf Zahlungen kürzen.

Eine Landesbeamtin in Berlin erkrankte so schwer, dass sie dienstunfähig wurde und zwei Jahre später starb. Bis zu ihrem Tod hatte sie 64 nicht genommene Urlaubstage angesammelt. Nur für 46 dieser Tage bekommen die Erben allerdings Geld.

Der europäische Gerichtshof hatte mit seinem Urteil vom 06.11.2018 folgendes festgelegt: Stirbt ein Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis und liegen noch unerfüllte Urlaubsansprüche vor, sind diese an die Erben auszubezahlen. Davor war es so, dass dieser Urlaubsabgeltungsanspruch von den Erben nur verlangt werden konnte, wenn dieser bereits zu Lebzeiten des Arbeitnehmers wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstanden war.

Umstritten ist bislang, ob die Erben für alle Arten von Urlaub einen finanziellen Ausgleich verlangen können. Das Verwaltungsgericht Berlin hat nun am 19.05.2022 entschieden, dass dies nicht der Fall ist.
Die Erben der 2018 verstorbenen Beamtin verlangten für die nicht genommenen 64 Urlaubstage sowie offene Überstunden einen finanziellen Ausgleich von 13.960,00 €. Das Land Berlin gewährte jedoch nur eine Zahlung von 9.400,00 € für 46 nicht genommene Urlaubstage. Dies begründete der Dienstherr damit, dass der Anspruch auf den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaub begrenzt sei.

Die Erben gingen dagegen vor und reichten schließlich Klage ein.

Das VG wies diese Klage ab. Zwar gehe der Anspruch auf finanzielle Abgeltung des Urlaubsanspruches grundsätzlich auf die Erben über. Bei einer fünftägigen Arbeitswoche sei dieser Anspruch aber auf den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaub von 20 Urlaubstagen pro Kalenderjahr begrenzt. Mehr als diese 20 Tage müssten die Mitgliedstaaten nach Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs pro Jahr nicht gewähren und eben auch nicht finanziell entschädigen, wenn der Urlaub wie hier wegen Tod nicht genommen werden konnte.

Für die geforderte Auszahlung der geleisteten Überstunden sah das Gericht schon gar keine Anspruchsgrundlage. Der Dienstherr habe diese Mehrarbeit nämlich gar nicht angeordnet. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin ist rechtskräftig.

Fraglich ist trotz dieser Entscheidung, ob der finanzielle Ausgleichsanspruch sich generell auf den gesetzlichen Mindesturlaub beschränken lässt. Das Bundesarbeitsgericht sieht dies weniger streng und hat mit Urteil vom 22.01.2019 beispielsweise entschieden, dass auch der Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen sowie der Anspruch auf Urlaub nach Tarifvertrag, der den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigt, finanziell auszugleichen ist.

Autor: Patrick Stumpp

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