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Einsicht in das Grundbuch nehmen von Dr. Klaus Krebs

Der Pflichtteilsanspruch entsteht durch Enterbung, also wenn jemand in dem Testament des Erblassers nicht zum (Mit-) Erben bestimmt worden ist. Dabei ist der Pflichtteilsanspruch nur fünf Personengruppen vorbehalten, wovon die wichtigste Personengruppe die Abkömmlinge des Erblassers sind, also dessen Kinder.

Der Pflichtteilsberechtigte hat keinen Anspruch auf Teilhabe am Nachlass. Er hat keinen Anspruch darauf, irgendeinen Gegenstand aus dem Nachlass zu erhalten. Sein Anspruch, der sich gegen den oder die Erben richtet, geht allein auf Zahlung von Geld. Wie hoch dieser Zahlungsanspruch ist, darüber entscheidet die Werthaltigkeit des Nachlasses nach Abzug der Nachlassverbindlichkeiten (Darlehensschulden, Beerdigungskosten etc.). Denn der Pflichtteilsberechtigte partizipiert daran mit seiner Quote (zum Beispiel 1/2 oder 1/4 oder 1/6 oder 1/8 usw.). Um seine Quote und damit seinen Zahlungsanspruch ausrechnen und gegen den oder die Erben geltend machen zu können, gibt das Gesetz dem Pflichtteilsberechtigten einen Auskunftsanspruch. Der Erbe muss auf Verlangen ein Nachlassverzeichnis vorlegen. Dieses Verzeichnis muss Wertangaben und Wertnachweise enthalten.

Fast immer sind Immobilien, Gesellschaftsanteile oder Bankguthaben und Wertpapiere die Positionen, bei denen „die Musik spielt“, will heißen aus denen sich nennenswerte Pflichtteilsansprüche berechnen lassen. Und von diesen vier genannten Vermögensgruppen sind wiederum die Immobilien in der Praxis am bedeutsamsten. Wenn also bekannt ist, dass im Nachlass Immobilien vorhanden sind, ist der nächste Schritt in der Regel die Einholung von Sachverständigengutachten über deren Verkehrswert durch den Erben und auf Kosten des Nachlasses. So weit so gut.

Aber was ist, wenn über den Bestand von Immobilien Unklarheit herrscht? Was ist, wenn der Pflichtteilsberechtigte weitere Immobilien vermutet als von dem Erben im Nachlassverzeichnis angegeben? Besondere Brisanz erhält diese Frage bei zu Lebzeiten verschenkten oder zumindest teilweise verkauften Immobilien, weil nur ein Kaufpreis in Höhe eines Bruchteils des tatsächlichen Wertes gezahlt worden ist (man spricht insoweit von einer sog. „gemischten Schenkung“)? Welche Rechte stehen dem Pflichtteilsberechtigten dann zu?

Die Antwort lautet: Grundbucheinsicht. Das Oberlandesgericht Zweibrücken hat zu dieser Frage am 12.08.2020 entschieden, dass ein Pflichtteilsberechtigter nach dem Eintritt des Erbfalls ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 12 Abs. 1 GBO an der Einsicht in das Grundbuch hat, das nur Ausnahmefällen – wie zum Beispiel bei einer offensichtlich wirksamen Pflichtteilsentziehung – zu verneinen ist. Das Einzige, was bei dem Pflichtteilsberechtigen vorhanden sein muss, ist eine ungefähre Vermutung, wo das oder wo die vermuteten Grundstücke liegen, damit er bei den richtigen, den zuständigen Grundbuchämtern Einsicht in das Grundbuch beantragen kann. Ist dies bekannt, reicht ein anwaltlicher Schriftsatz an das oder die Grundbuchämter, in denen der Tod des Erblassers mit dessen Daten, die Abstammung des Mandanten von dem Erblasser und die den Mandanten von der Erbfolge ausschließende Verfügung von Todes wegen dargelegt wird und schon werden die erwünschten Auskünfte erteilt.

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