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Kündigung wegen Kirchenaustritt unwirksam von Patrick Stumpp

Das Landesarbeitsgericht Baden- Württemberg hat am 10.02.2021 in zweiter Instanz entschieden, dass die fristlose Kündigung eines Kochs in einer Kindertagesstätte unwirksam war.

Der Kläger war in einer von der evangelischen Kirche betriebenen Kindertagesstätte in Stuttgart seit dem Jahre 1995 als Koch angestellt. Im Jahre 2019 entschied sich der Koch aus der Kirche auszutreten und teilte dies im Juni seinem Arbeitgeber mit. Die Kirchengemeinde erklärte daraufhin die fristlose bzw. außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses und begründete dies damit, dass der Koch mit seinem Kirchenaustritt schwerwiegend gegen seine vertraglichen Loyalitätspflichten gegenüber der Kirche und deren christlichen Weltbildes verstoßen habe.

Der Kläger argumentierte bei Gericht damit, dass sich an seinem Arbeitsplatz der Kontakt mit den Kindern auf die Essens- und Getränkeausgabe beschränkt habe. Mit dem pädagogischen Personal habe er nur alle zwei Wochen in einer Teamsitzung Berührungspunkte gehabt. Dabei sei es jedoch regelmäßig nur um rein organisatorische Probleme gegangen. Sein Kirchenaustritt könne sich daher nicht negativ auf seine Arbeit und sein berufliches Umfeld ausgewirkt haben.

Das Landesarbeitsgericht hat den Kläger, wie bereits das Gericht in erster Instanz, in seiner Ansicht bestätigt. In dem Urteil wurde ausgeführt, dass die Loyalitätserwartung der Gemeinde, dass der Koch nicht aus der evangelischen Kirche austrete, keine wesentliche und berechtigte Anforderung an die persönliche Eignung als Kochs darstelle. Das Gericht setzte hiermit die Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs aus dem Jahre 2018 fort.

Bis dahin war den kirchlichen Arbeitgebern aufgrund des verfassungsrechtlich abgesicherten Selbstbestimmungsrechts ein besonderer Freiraum eingeräumt ihre eigenen Angelegenheiten, zu denen auch die rechtliche Ausgestaltung ihrer Dienst- und Arbeitsverhältnisse gehört, zu regeln.
Der EUGH hatte ab 2018 diese Sonderrechte beendet und entschieden, dass Mitarbeiter nur dann nach ihrer Religionszugehörigkeit unterschiedlich behandelt werden dürfen, wenn dies im Hinblick auf die Art der betreffenden beruflichen Tätigkeiten oder die Umstände ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anfor-derung darstellt. Anderenfalls liege ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im Rahmen einer unzulässigen Diskriminierung vor.

Im obigen Fall ist somit zu sehen, dass selbst wenn der Koch durch seinen Kirchenaustritt gegen das Kirchenrecht und das Glaubensverständnis verstoßen haben sollte, es dadurch nicht an seiner persönlichen Eignung fehlt, Koch in einer Kindertagesstätte zu sein. Eine persönliche Eignung kann nur für solche Tätigkeiten entfallen, bei welchen es gerade auf eine glaubwürdige Vertretung der Organisation gemäß dem kirchlichen Weltbildes nach außen ankommt. Zu denken ist dabei beispielsweise an Tätigkeiten als Religionslehrer oder Pastoralreferent einer Kirchengemeinde.

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