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GmbH-Gründung ohne Notarbesuch

Um in Deutschland eine GmbH zu gründen, ist zwingend die notarielle Beurkundung erforderlich.
Dafür mussten bisher alle Gesellschafter entweder persönlich beim Notar erscheinen, oder einen Bevollmächtigten dorthin schicken. Auch der Bevollmächtigte konnte aber nur handeln, wenn er mit einer notariell errichteten oder öffentlich beglaubigten Vollmacht ausgestattet war. Die (künftigen) Geschäftsführer der Gesellschaft mussten zudem in jedem Fall persönlich anwesend sein, da sie in Anwesenheit des Notars die Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister unterschreiben mussten.

Für dieses Verfahren, das gerade bei weit verstreut ansässigen Gesellschaftern erhebliche Schwierigkeiten machen und zu Verzögerungen bei der Gründung führen konnte, gibt es seit August 2022 nun eine digitale Alternative: Im Rahmen der Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie der EU wurde mit Wirkung zum 01.08.2022 die online Gründung von GmbHs (auch in der Variante der UG haftungsbeschränkt) ermöglicht.

Seither kann die weiterhin zwingend erforderlich notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrages alternativ zur klassischen Version auch online per Videokonferenz bzw. in hybrider Form erfolgen. Auch die im Rahmen der Gründung gefassten Gesellschafterbeschlüsse sowie die Anmeldung zum Handelsregister sind auf diesem Wege künftig ohne persönliche Präsenz beim Notar möglich. Das spart Zeit, Mühen und Kosten und erleichtert speziell auch bei einem größeren, möglicherweise in unterschiedlichen Ländern ansässigen Gesellschafterkreis die Gründung drastisch.

Völlig unbürokratisch ist indes auch eine online-Beurkundung nicht. Zum einen ist sie nur bei Gesellschaften zulässig, die das Stammkapital als Bareinlage erbringen. Bei Gründungen mit ausschließlicher oder teilweiser Sacheinlage wird die online-Gründung erst ab August 2023 erlaubt sein. Zudem kann nicht irgendeine Videokonferenz-Plattform genutzt werden, vielmehr muss es ein von der Bundesnotarkammer bereitgestelltes, besonders gesichertes System sein. Zoom, Skype oder Teams sind also nicht erlaubt. An Hardware ist ein spezielles Lesegerät für den Ausweis nötig.

Die online Beurkundung beginnt dann mit der Identifikation der Beteiligten über ein 2-Faktor-Verfahren. Dafür ist ein Ausweisdokument der EU mit eID-Funktion erforderlich. Im zweiten Schritt wird das Lichtbild auf dem Ausweis elektronisch ausgelesen, damit es der Notar oder die Notarin mit dem Bild in der Videokonferenz abgleichen können. Ist die Identifikation erfolgreich, beginnt die eigentliche Beurkundung. Das Gründungsprotokoll nebst Gesellschaftsvertrag wird also wie bei der Gründung in Präsenz Wort für Wort von vorne bis hinten verlesen, darüber wird eine elektronische Niederschrift erstellt. Diese elektronische Niederschrift unterzeichnen schließlich alle Beteiligten, einschließlich Notarin bzw. Notar, mit einer qualifizierten elektronischen Signatur. Die an die Gründung anschließende Handelsregisteranmeldung der Geschäftsführer kann dann ebenfalls online beglaubigt werden.
Das Verfahren entspricht im Wesentlichen dem, das oben geschildert wurde. Im Zweifel wird man beide Schritte entsprechend der klassischen Handhabung in einer Sitzung verbinden.

Wie gut sich das Verfahren in der Praxis bewährt, wird man abwarten müssen. Gewisse Startschwierigkeiten, speziell auch wegen der erforderlichen Technik, sind durchaus zu erwarten. Sicher ist aber, dass mit der Rechtsänderung jedenfalls für den Bereich des Gesellschaftsrechts der Grundstein gelegt ist, um die Möglichkeiten der digitalen Welt auch für beurkundungspflichtige Vorgänge nutzbar zu machen. Dies ist ohne jede Frage zu begrüßen.

Autor: Sebastian Seidler

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