Der Unterhalt unter Ehegatten ist ein häufiger Streitpunkt in familienrechtlichen Auseinandersetzungen. Schließlich geht es um…
Kündigung eines Whistleblowers
Autor: Patrick Stumpp
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat mit Urteil vom 16.02.2021 die Kündigung eines Whistleblowers (Hinweisgeber) für rechtmäßig erklärt.
Der deutsche Arzt war in einem Krankenhaus in Liechtenstein als stellvertretender Chefarzt angestellt. Er war während seiner ärztlichen Tätigkeit auf Hinweise gestoßen, dass mehrere Patienten nach einer Morphingabe verstorben waren. Weiter hatte er die Vermutung, dass es sich hierbei um aktive Sterbehilfe handelte.
Der Arzt zeigte deswegen, ohne sich zuvor intern um Klärung zu bemühen, im Jahr 2014 seinen damaligen Chef bei der zuständigen Staatsanwaltschaft an. Es kam zu einem Ermittlungsverfahren gegen den Chefarzt wegen Tötung auf Verlangen. Dem „Whistleblower-Arzt“ wurde daraufhin fristlos gekündigt. Das Krankenhaus zeigte den Arzt im Gegenzug wegen falscher Verdächtigung bei der Staatsanwaltschaft an.
Der Arzt wehrte sich gegen seine Kündigung und zog dabei bis vor den EGMR. Er berief sich u.a. darauf, in seinem Recht auf freie Meinungsäußerung durch die Anzeigenerstattung verletzt zu sein. Das Gericht musste sich mit den Kernproblemen des Whistleblowings auseinandersetzen.
Ist es einem Whistleblower zumutbar, bei schweren Straftaten ein vermeintliches Vergehen zunächst intern aufzuklären? Welche Sorgfaltspflichten treffen einen Whistleblower bei der Recherche eines angeblichen Fehlverhaltens, bevor er eine Information an die Behörden gibt?
Das Gericht gab im Ergebnis der Klinik recht. Es sah u.a. keine Verletzung des Klägers in seinem Recht auf freie Meinungsäußerung. Aus Sicht des Gerichts war der Whistleblower aufgrund der im Raum stehenden schwerwiegende Straftaten gehalten, die Zuverlässig- und Richtigkeit seiner Angaben eingehend zu prüfen und auch die möglichen Konsequenzen für seinen Arbeitgeber zu bedenken.
Im Ergebnis war es so, dass sich nach gründlicher Prüfung der Patientenakten ergeben hatte, dass die Vorwürfe offensichtlich haltlos waren und die Todesfälle in keinem Zusammenhang zu einem Behandlungsfehler des Vorgesetzten des Klägers standen. Der Whistleblower hätte bei vernünftiger Prüfung der Akten, welche ihm auch alle in Papierform zugänglich waren, schnell erkennen können, dass die Vorwürfe nicht zutreffen. Alternativ hätte der Kläger zumindest die klinikinternen Aufklärungsstellen kontaktieren müssen, bevor er mit einer Anzeige strafrechtliche Ermittlungen in Gang setzte.
Der EGMR entschied somit, dass die Entlassung angesichts der negativen Auswirkungen auf den Ruf der Klinik und den seines Chefs gerechtfertigt war. Zwar habe der Arzt nicht aus unlauteren Motiven gehandelt, aber angesichts der Schwere der Vorwürfe hätte er die Fakten gründlicher und sorgfältiger prüfen müssen.