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Plötzlich Waise – aber versorgt (Teil 1)

Kein Elternteil denkt gerne daran – an die Möglichkeit, dass durch einen Unfall die eigenen Kinder zu Vollwaisen werden könnten. Dabei ist es so wichtig, für diesen Fall vorzusorgen und diesem Risiko doch den einen oder anderen Gedanken zu widmen.

Denn was passiert im Fall der Fälle? Viele Eltern glauben, dass die Patentante oder der Patenonkel dann automatisch die elterliche Sorge für ihre Kinder übernehmen. Gut versorgt sind die Kinder dann vermeintlich auch, denn sie erben ja das Vermögen der Eltern. Ganz so einfach ist es aber nicht.

Mit dem Tod der Eltern haben die Kinder schlagartig keinen Sorgeberechtigten mehr, sodass in der Folge gerichtlich die Vormundschaft angeordnet und ein Vormund für die Kinder bestellt werden muss. Dem Vormund wird sowohl die Personensorge als auch die Vermögenssorge für sein Mündel übertragen. Er darf es zur Pflege und Erziehung in seinen Haushalt aufnehmen. Haben die Eltern zu Lebzeiten keinen Vormund benannt, so wählt das Gericht einen aus. Auswahlkriterien sind neben dem mutmaßlichen Willen der Eltern der Wille des Kindes, seine familiären und persönlichen Beziehungen bzw. Bindungen, sein kultureller Hintergrund sowie sein religiöses Bekenntnis und weitere Lebensumstände wie z.B. der ständige Aufenthaltsort des Kindes. Nach dem Bundesverfassungsgericht ist bei gleicher Eignung in der Regel die bevorzugte Berücksichtigung von Familienangehörigen geboten. Eine Rangfolge etwa nach Verwandtschaftsgrad gibt es dabei aber nicht.

Wenn die Eltern sich einen bestimmten Vormund wünschen, vielleicht den Taufpaten ohne Verwandtschaftsverhältnis zum Kind, sollten sie daher einen Vormund benennen. Dies muss mindestens in testamentarischer Form erfolgen, also notariell oder eigenhändig ge- und unterschrieben. Wenn kein gesetzlicher Ausnahmefall (z.B. Widerspruch des Kindes über 14 Jahre) vorliegt, wird sich das Familiengericht bei Auswahl und Bestellung des Vormundes grundsätzlich daran halten, was im Testament geregelt wurde. Für eine rechtssichere Benennung ist unter anderem zu beachten, dass nach dem Gesetz für Geschwister ein gemeinsamer Vormund bestellt werden soll, wenn keine besonderen Gründe dagegen sprechen. Dies kann etwa im Fall des jeweiligen Taufpaten als Wunschvormund relevant werden. Außerdem ist die ersatzweise Benennung einer weiteren Person ratsam. Statt einer Einzelperson können auch Ehegatten gemeinschaftlich als Vormünder benannt werden. Auch Negativnennungen sind möglich, um bestimmte Personen von der Vormundschaft sicher auszuschließen.

Die Benennung sollte bestenfalls zuvor und von Zeit zu Zeit wieder mit dem Wunschvormund besprochen werden. Dieser kann durch die Benennung nämlich nicht zur Übernahme der Vormundschaft verpflichtet werden.

Ihre Möglichkeit der Vormundbenennung sollten Eltern minderjähriger Kinder in jedem Fall kennen, gibt sie den Eltern doch die Chance, die Zukunft ihrer Kinder auch bei einem Schicksalsschlag mitzugestalten und sie versorgt zu wissen. Auch für die hinterbliebenen Freunde und Familie wird es eine Erleichterung sein, zu wissen, was sich die Eltern wünschen – und nicht darauf vertrauen zu müssen, dass das Gericht im Sinne der Eltern wählt.

Im zweiten Teil der zweiteiligen Themenreihe erfahren Sie, wie es im Fall der Fälle mit der Vermögenssituation der Kinder aussieht und welche diesbezüglichen Vorsorgemöglichkeiten Eltern haben.

Autorin: Denise Schillinger

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