Wenn man nicht gerade Profi-Investor ist, gibt es wenige Verträge im Leben, die so große…
Testamente für die zweite Ehe
So manche Ehe wird geschieden. Nicht selten wird danach wieder geheiratet und manchmal gelingt es, dass diese zweite Ehe hält. Oftmals gibt es dann Kinder aus der ersten und aus der zweiten Ehe. In dieser Situation kann der Wunsch bestehen, die zweite Ehe als sogenannte Kernfamilie erbrechtlich zu schützen und abzusichern. Eine hinter diesem Wunsch stehende Sorge ist auch berechtigt, weil die Kinder aus der ersten Beziehung gesetzliche Erben bleiben und entsprechende Ansprüche haben. Verstirbt zum Beispiel der in zweiter Ehe verheiratete Mann ohne ein wirksames Testament zu errichten, hinterlässt er eine Erbengemeinschaft aus seiner Ehefrau, seinen Kindern aus zweiter Ehe und seinen Kindern aus erster Ehe. Das geht erfahrungsgemäß selten gut.
Hier hilft eine rechtzeitige Nachfolgeplanung. Denkbar sind mehrere Varianten. Wenn alle vorgenannten Personen bedacht werden sollen, ist die streitanfällige Erbengemeinschaft zu vermeiden, indem in einem Testament ein Erbe bestimmt wird, z.B. die zweite Ehefrau als Erbin des Mannes, und die weiteren Personen, also insbesondere die Kinder aus der ersten Ehe des Mannes mit Vermächtnissen bedacht werden. Die Frau setzt in dem gleichen Testament die gemeinsamen Kinder – je nach Alter ggf. unter Testamentsvollstreckung – als ihre Erben ein, bedenkt den Mann mit einem Vermächtnis, zum Beispiel dem Nießbrauch am Haus. Der Vorteil davon ist, dass auf diese Weise Vermögen der Frau nicht auf den Mann übertragen wird. Sonst wäre die Folge, dass dessen Kinder aus erster Ehe bei seinem Tod daran partizipieren, z.B. durch die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen.
Eine andere Variante ist, die Kinder aus der ersten Beziehung mit lebzeitigen Vorempfängen in einer Art und Weise zu bedenken, dass im Erbfall deren Ansprüche, insbesondere Pflichtteilsansprüche abgedeckt oder doch zumindest stark reduziert sind. Das lässt sich erreichen, indem Geschenke immer mit der nachweisbaren Bestimmung gegeben werden, dass dies in Anrechnung auf Pflichtteilsrechte erfolgt.
Die ganz sichere Variante, dass Kinder aus anderen Beziehungen die Nachlassplanung nicht mehr stören, ist der Pflichtteilsverzicht dieser Kinder. Ein solcher Verzicht muss, wenn die Modalitäten feststehen, notariell beurkundet werden. Erfahrungsgemäß wird aber kein Pflichtteilsverzicht ohne Gegenleistung abgegeben, d.h. das verzichtende Kind wird für seinen Verzicht Geld verlangen. Wieviel das ist, bleibt Verhandlungssache. Die derzeitige Höhe des Anspruchs ist dabei nur ein Kriterium.
Denkbar ist auch, dass die Beziehungen zu dem Kind oder den Kindern aus erster Ehe aus welchen Gründen auch immer abgekühlt sind und sie gar nicht bedacht werden sollen, auch nicht im Rahmen eines Pflichtteilsverzichts mit Abfindung. In diesem Fall gilt es einige Stolperfallen zu beachten.
Es wäre zu kurz gedacht, wenn sich die Ehepartner gegenseitig zu Erben einsetzen. Denn wenn der zweite Ehepartner verstirbt, würde dies zwar keine Ansprüche der Kinder des länger lebenden Ehepartners aus dessen erster Ehe begründen, weil zwischen dem Erblasser und diesen Kindern kein Verwandtschaftsverhältnis besteht.
Das Problem ist aber, dass sich nun das Vermögen bei dem länger lebenden Ehepartner anhäuft mit der Folge, dass – wenn dieser später verstirbt – dessen Kinder aus der ersten Ehe an diesem großen Vermögen mit ihren Pflichtteilsansprüchen partizipieren.
Auch andersherum wird es nicht unproblematisch: Denn wenn der Partner mit Kindern aus erster Ehe zuerst verstirbt, können deren Pflichtteilsansprüche sehr hoch sein und die Vermögenssituation des länger lebenden Partners ins Schwanken bringen.
Welche Maßnahmen zum Gegensteuern einzusetzen sind, bleibt immer einer Prüfung des Einzelfalles vorbehalten.
Autor: Dr. Klaus Krebs