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Testamente von Eheleuten mit unterschiedlichen Erbfolgen

Eheleute dürfen nach deutschem Recht ein gemeinsames Testament errichten. Das ist bekannt, aber eine große Ausnahme im Vergleich zu anderen nationalen Rechtsordnungen, was wiederum weniger bekannt ist. In den allermeisten Ländern ist ein solches (handschriftliches) Testament von zwei Personen, in dem die Erbfolge von zwei Personen geregelt wird, nicht zulässig.

In der Regel ist die Erbenbestimmung der beiden Eheleute in einem solchen Testament identisch. Die Eheleute setzen sich gegenseitig zu alleinigen Erben ein und die Kinder zu sogenannten Schlusserben (nicht Nacherben – Vorsicht bei der Wortwahl!) des länger lebenden Ehepartners, unabhängig davon, wer dies ist. Gegebenenfalls gibt es dazu noch Vermächtnisse, eine Pflichtteilsstrafklausel, ein sog. Supervermächtnis (ja, das heißt wirklich so), Teilungsanordnungen, ggf. eine Testamentsvollstreckung sowie Regelungen über die Folgen einer Scheidung, einer Wiederverheiratung und die Bindung des Längstlebenden an die getroffenen Regelungen oder dessen Freizeichnung davon. So weit, so gut.

Übersehen wird bei gemeinschaftlichen Testamenten von Eheleuten aber oft, dass es auch anders gehen kann oder besser gesagt gehen sollte, nämlich zum Beispiel dann, wenn Kinder aus verschiedenen Beziehungen da sind. Ist dies der Fall, besteht oft der (verständliche) Wunsch, das Erbe der Kinder unterschiedlich zu gestalten und davon abhängig zu machen, von wem die Kinder sind. Hat der Ehemann zum Beispiel aus einer früheren Beziehung zwei Kinder und zusammen mit seiner jetzigen Frau ein gemeinsames Kind, wobei zu allen drei Kindern ein gutes Verhältnis besteht, ist es möglich, dass (1) sich die Eheleute gegenseitig absichern wollen und (2) die Ehefrau ihr Vermögen bei ihrem Tod weitestgehend auf das gemeinsame Kind übertragen möchte.

Eine Möglichkeit, diese Ziele zu erreichen, ist die Vor- und Nacherbschaft, bei welcher der Erblasser sein Vermögen zweimal vererbt (auch steuerlich zweimal vererbt!), nämlich zunächst an den Vorerben und im Normalfall bei dessen Tod an den oder die Nacherben. Ich halte die Vor- und Nacherbschaft allerdings für kein probates Mittel für solche Fälle. Neben den steuerlichen Nachteilen hat diese in Theorie und Praxis komplizierte Gestaltungsmöglichkeit erhebliche Nachteile für den Vorerben, dem Vieles nicht gestattet ist, und sie weist rechtlich höchst schwierige Probleme auf, wenn es um deren nachträgliche (auch teilweise) Aufhebung geht, selbst wenn sich Vor- und Nacherben untereinander einig sind. Ich selbst setze die Vor- und Nacherbschaft, verbunden mit einer Testamentsvollstreckung, bei meinen Nachlassplanungen nur beim Behindertentestament und beim Bedürftigentestament ein, wo sie aus anderen Gründen ihre volle Berechtigung hat.

In den hier geschilderten Fällen ist es sinnvoller, mit unterschiedlichen Erbfolgen der beiden Eheleute zu arbeiten. Möglich wäre zum Beispiel, dass die Ehefrau das gemeinsame Kind zu ihrem alleinigen Erben einsetzt und – sollte das Kind noch jünger sein, ihren Ehemann zum Testamentsvollstrecker bestimmt. Gleichzeitig wendet sie ihrem Mann im Wege des Vermächtnisses den Hausrat, das Inventar, die persönlichen Gegenstände und die Nutzungsmöglichkeit an der gemeinsamen Immobilie zu oder genauer gesagt an ihrem Miteigentumsanteil daran.

Der Ehemann kann im Gegenzug spiegelbildlich verfahren, setzt aber nicht nur das gemeinsame Kind zu seinem Erben ein, sondern alle drei Kinder. Ob über die Vermächtnisse zu Gunsten des jeweils anderen Ehepartners diesem auch noch weiteres Vermögen übertragen wird, wie zum Beispiel ein bestimmter Geldbetrag oder ein Bankkonto, hängt davon ab, ob und inwieweit sich der länger lebende Ehegatte finanziell alleine selbst unterhalten kann.

Autor: Dr. Klaus Krebs

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