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Welches Testament ist gültig?

Rein in die Kartoffeln – raus aus den Kartoffeln – rein in die Kartoffeln?

Das Oberlandesgericht München hatte am 26.01.2022 einen skurrilen Fall zu entscheiden:
Ein Mann errichtet am 19.10.2017 ein notariell beurkundetes Testament.
Etwa ein Jahr später, am 26.10.2018 errichtet er ein handschriftliches Testament mit einem anderen Inhalt und widerruft darin u.a. das notariell beurkundete Testament vom 19.10.2017.
Am 09.05.2019 schließlich nimmt der Mann die bei ihm befindliche beglaubigte Abschrift seines notariell beurkundeten Testaments vom 19.10.2017 und unterschreibt sie nochmals mit Datum bei sich zu Hause. Dann stirbt er.
An der Geschäfts- und Testierfähigkeit des Mannes besteht kein Zweifel. Aber welches Testament gilt?

Das Gericht stand vor der Frage, ob durch die neuerliche Unterschrift auf der beglaubigten Abschrift des notariell beurkundeten Testaments ein Testament errichtet wurde, durch das das handschriftliche Testament aufgehoben werden sollte. Oder sollte durch die neuerliche Unterschrift auf der beglaubigten Abschrift nur der Widerruf des handschriftlichen Testaments erklärt werden und das notariell beurkundete Testament dadurch wieder seine Wirksamkeit entfalten?

Schließlich und ganz abgesehen davon fragte sich das Gericht, ob allein die Unterschriftsleistung ohne weitere Zusätze oder Erklärungen ausreichend sein kann für den notwendigen Testierwillen, der für ein neues Testament erforderlich ist bzw. ob die bloße Unterschriftsleistung ausreichend sein kann für den Erklärungswillen, der erforderlich ist, wenn man ein altes Testament nur widerrufen will.

Letztlich entschied das Gericht weise über alle diese Fragen nicht, weil es auf keinen dieser Punkte ankommt.

Denn sowohl für die Errichtung eines neuen Testaments mit Inhalt als auch für den bloßen Widerruf eines alten Testaments müssen bestimmte Formen eingehalten werden.

Die bloße Unterschrift unter ein maschinengeschriebenes Dokument, auch wenn es sich um die beglaubigte Abschrift einer notariellen Urkunde handelt, stellt keine dieser Formen dar. Ein Testament kann man nur handschriftlich errichten, also mit Text und Unterschrift, oder durch eine notarielle Beurkundung, also wenn der Notar den Text im Beisein des Erblassers vorliest und beide das soeben vorgelesene Dokument unterschreiben. Folglich stellt die Unterschrift vom 09.05.2019 weder ein wirksames neues Testament dar noch ein wirksames Widerrufstestament. Es verbleibt bei dem handschriftlichen Testament vom 26.10.2018.

Ob etwas anderes herausgekommen wäre, wenn es anders herum gelaufen wäre, ist eine spannende Frage. Wenn also der Mann am 19.10.2017 ein handschriftliches Testament errichtet und am 26.10.2018 ein notariell beurkundetes Testament mit anderem Inhalt und am 09.05.2019 schließlich das handschriftliche Testament nochmals mit Datum unterschrieben hätte. Wahrscheinlich schon, weil dann eine komplett handgeschriebene Erklärung vorliegen würde. Aber so ist es eben nicht geschehen.

Autor: Dr. Klaus Krebs

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