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Wirksamkeit von Massenentlassungsanzeigen

Fehlende Soll- Angaben machen Kündigung nicht unwirksam.
Arbeitgeber sind nicht dazu verpflichtet, in Massenentlassungsanzeigen gegenüber der Arbeitsagentur Alter oder Geschlecht der Betroffenen anzugeben. Laut dem Bundesarbeitsgericht sind nach dem Willen des Gesetzgebers die „Soll- Angaben“ nicht verpflichtend.

Wenn ein Unternehmen gleichzeitig oder innerhalb einer kurzen Zeitspanne von 30 Tagen eine größere Anzahl von Mitarbeitern entlassen möchte, ist gegenüber der Bundesagentur für Arbeit eine Massenentlassungsanzeige (§ 17 KSchG) abzugeben. Neben der Einhaltung der üblichen Voraussetzungen bei einer Kündigung wie z.B. die Einhaltung der Kündigungsfrist oder das Vorliegen eines Kündigungsgrundes außerhalb eines Kleinbetriebs, stellt die Massenentlassungsanzeige eine weitere Voraussetzung für eine wirksame Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar. Unterbleibt die Anzeige oder wird diese nicht ordnungsgemäß durchgeführt, ist eine Kündigung unwirksam. Ein Mitarbeiter kann in diesem Fall mit Erfolg beim Arbeitsgericht gegen seine Kündigung klagen.

In dem nun vom Bundesarbeitsgericht in Erfurt entschiedenen Fall (Urteil vom 19.05.2022, Az. 2 AZR 467/21) ging es um die Kündigung von 17 Arbeitnehmern in einem Betrieb mit weniger als 60 Beschäftigten. Eine Arbeitnehmerin klagte mit der Begründung, dass die Kündigung unwirksam sei, weil die sogenannten Soll-Angaben in der Massenentlassungsanzeige gegenüber der Agentur für Arbeit fehlten. Gemeint sind damit zum Beispiel Geschlecht, Alter, Staatsangehörigkeit und Beruf. Hätte sie damit Recht, wären nicht nur ihre, sondern auch alle anderen Entlassungen unwirksam gewesen. So haben es jedenfalls bereits die Vorinstanzen, zuletzt das Landesarbeitsgericht Hessen gesehen und der Kündigungsschutzklage der klagenden Frau stattgegeben. Das Bundesarbeitsgericht widersprach den Rechtsansichten der Vorinstanz mit dem einfachen Argument, dass wenn schon der Gesetzgeber die Angabe von bestimmten Parametern wie Alter oder Geschlecht als reine „Soll- Vorschrift“ und nicht als „Muss- Vorschrift“ bezeichnet, dies nicht als Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige verlangt werden kann. Darüber hinaus verwies das Gericht auch darauf, dass bereits der Europäische Gerichtshof die deutsche Gesetzgebung in dieser Frage in einem anderen Fall bestätigt habe.

Die Entscheidung des BAG sorgt nun für Rechtssicherheit nachdem die vorliegende Thematik von zahlreichen unteren Instanzgerichten unterschiedlich bewertet worden war.

Über diese Fragestellung hinaus, wies das BAG die Klage auch deshalb ab, weil erhebliche Zweifel daran bestanden, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Rahmen einer Massenentlassung gekündigt worden war. Dazu müsste die Beklagte mehr als fünf Arbeitnehmer innerhalb von 30 Kalendertagen entlassen haben. Der Zeitraum vom 18. Juni bis einschließlich 18. Juli 2019 umfasste aber 31 Kalendertage. Seitens der Beklagten konnte weiter nicht aufgeklärt werden, wie viele Kündigungen in diesem Zeitraum zugegangen waren. Diese Unklarheiten gingen nun ebenfalls zu Lasten der Arbeitnehmerin.

Autor: Patrick Stumpp

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