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Unterschiedliche Erbfolgen in einem gemeinschaftlichen Testament von Eheleuten

Das bekannteste Testament ist wahrscheinlich das sogenannte Berliner Testament. Es handelt sich dabei um eine Testamentsform, die noch zu Zeiten des Preußischen Allgemeinen Landrechts häufig in der Berliner Gegend verwendet wurde und daher auch ihren Namen hat. Ein Berliner Testament ist eine besondere Form des gemeinschaftlichen Testaments, welches nur Eheleute errichten können und nur solche.

Es ist nicht möglich, dass zum Beispiel ein Mann und eine Frau, die in „wilder Ehe“ zusammenleben, ein solches Testament errichten, auch wenn dies schon seit zwanzig oder noch mehr Jahren der Fall ist. In einem Berliner Testament setzen sich die Eheleute gegenseitig zu alleinigen Erben ein und in der Regel ihre Kinder zu Schlusserben des Längstlebenden. Es handelt sich also um die Regelung von zwei Erbfällen in einem Testament: für den Tod des ersten Ehepartners und für den Tod des länger lebenden Ehepartners.

Ob dies immer und stets die richtige Nachlassregelung ist, bleibt der Prüfung im Einzelfall vorbehalten. Zum einen ist es nicht immer sinnvoll, eine Vermögenskonzentration bei dem länger lebenden Ehegatten herbeizuführen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Freibeträge der Kinder nicht ausreichen, um das Vermögen beim Schlusserbfall (also bei dem Tod des länger lebenden Elternteils) erbschaftssteuerfrei auf die Kinder übergehen zu lassen.

Eine andere Konstellation, in der die Regelung eines Berliner Testaments möglicherweise nicht gewünscht ist, kann bei Eheleuten bestehen, bei denen nicht nur ehegemeinschaftliche Kinder vorhanden sind, sondern zum Beispiel gemeinsame Kinder und Kinder des einen Partners aus einer früheren Beziehung oder nur Kinder aus jeweils vorherigen Beziehungen und keine gemeinsamen Kinder.
In solchen Konstellationen kann es sinnvoll sein, kein Berliner Testament zu errichten, sondern ein gemeinschaftliches Ehegattentestament mit unterschiedlichen Erbfolgen der beiden Ehepartner, was möglich ist. Dabei bleibt es ein einziges Testament für zwei Erbfälle. Es wäre zwar auch möglich, zwei Einzeltestamente zu errichten. Diese bergen aber das Risiko in sich, dass jeder Ehepartner das eigene Testament zu jeder Zeit ändern könnte, ohne dass der Partner davon erfährt.

Bei einem gemeinschaftlichen Testament wäre es zum Beispiel möglich, dass die Ehepartner jeweils ihre eigenen Kinder bedenken und zu Erben einsetzen, aber gleichzeitig ihren Ehepartner absichern. Letzteres kann insbesondere durch Vermächtnisse geschehen.

Durch ein Vermächtnis kann der Erblasser einer Person etwas zuwenden, ohne diese Person zu seinem Erbe zu machen. Der Vermächtnisnehmer hat beim Erbfall einen Anspruch gegen die Erben auf Erfüllung des Vermächtnisses. Der Inhalt eines solchen Vermächtnisses ist vielfältig denkbar. Das kann beispielsweise ein Geldbetrag oder ein Konto oder ein Wertpapierdepot sein oder auch ein Wohnungsrecht oder ein Nießbrauchrecht an der gemeinsamen Immobilie. Die zuletzt genannte Variante ist auch für den oben genannten Fall interessant, wenn beide Ehepartner über ausreichend eigenes Vermögen verfügen und die Freibeträge der Kinder nicht ausreichen, um das Vermögen in einem einzigen Schlusserbfall erbschaftssteuerfrei auf die Kinder übergehen zu lassen.

Autor: Dr. Klaus Krebs

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