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Welches nationale Recht gilt für die Nachfolge?
Früher war alles anders. Dieser oft gehörte Satz stimmt und man muss hinzufügen: zum Glück, wenigstens größtenteils. Denn auch wenn manche Veränderungen nicht von Vorteil sind, vor allem die Maßnahmen der aktuellen Bundesregierung, gilt, dass Leben Veränderung bedeutet und Stillstand das Gegenteil davon ist. Auch im Erbrecht hat es in der Vergangenheit einige Veränderungen gegeben. Eine davon möchte ich heute vorstellen.
Das BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) wurde am 18. August 1896 von Kaiser Wilhelm II. ausgefertigt und trat pünktlich am 1. Januar 1900 in Kraft, es hat also bald Geburtstag. Diesem ausgewogenen und großartigen Gedankenwerk gingen über 20 Jahre Beratungen voraus. Seit 1874 arbeitete eine Kommission an einem Plan und an einer Methode für die Schaffung des Gesetzes. Erst dreizehn Jahre später legte die Kommission einen ersten Entwurf des Gesetzbuchs mit Begründungen vor. Weitere dreizehn Jahre später war das Werk vollendet. Ich erspare mir an dieser Stelle den Vergleich mit aktuellen Gesetzesvorhaben, deren Haltbarkeit und Kurzsichtigkeit so manches Mal nur eine Legislaturperiode währt.
Allerdings gibt es auch Ausnahmen. Das BGB sah früher vor, dass man nach dem Recht des Staates beerbt wurde, dem man angehört (sog. Staatsangehörigkeitsprinzip). Diese Regelung war zur damaligen Zeit nachvollziehbar. Denn zum einen galt es, die damals in Deutschland noch geltenden verschiedenen Rechtsordnungen (preußisches, sächsisches, österreichisches Recht u.a.) zu einer nationalen Rechtsordnung zusammenzuführen.
Zum anderen war man zu dieser Zeit noch weit von einer europäischen Einigung entfernt. Der Nachteil dieser Regelung zeigte sich später, als die Grenzen offener wurden, bei Bürgern vermehrt Mehrstaatlichkeiten bestanden sowie Vermögen in verschiedenen Ländern. Denn jedes nationale Recht bestand beim Tod eines Bürgers oder sobald insbesondere im eigenen Land gelegene Immobilien vererbt werden sollten, auf die Anwendung seiner Gesetze. Das führte nicht selten dazu, dass auf einen Nachlass mehrere nationale Rechtsordnungen angewendet werden mussten, was kompliziert war.
Inzwischen gibt es die Europäische Union und auch bei vielen Unzulänglichkeiten ist die Union ein Segen für das früher von Kriegen gebeutelte Europa. Im Jahr 2012 hat die Europäische Union die Europäische Erbrechtsverordnung beschlossen, die 2015 in Kraft getreten ist, mit dem Ziel, das Vererben und Erben in den Mitgliedstaaten zu vereinheitlichen. Die größte Veränderung für Deutschland ist dabei die Aufgabe des Staatsangehörigkeitsprinzips: Seit 2015 gilt, dass man nach dem Recht des Staates beerbt wird, in dem man seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Wenn sich also jemand im Alter überwiegend in Spanien aufhält, weil es dort wärmer ist, und nur die Sommermonate in Deutschland verbringt, wird er nach spanischem Recht beerbt. Das muss man wissen.
Genauso wissen sollte man allerdings auch, dass dies umgangen werden kann, indem man ein Testament errichtet und darin zugunsten des Heimatlandes eine Rechtswahl vornimmt.
Geschieht dies in der richtigen Art und Weise, ist der letzte Aufenthalt unerheblich. Sowohl Spanien als auch Deutschland erkennen an, dass der gesamte Nachlass dann unabhängig vom Belegenheitsort nach deutschem Recht vererbt wird.
Das ist eine gute Veränderung.
Autor: Dr. Klaus Krebs